Bericht vom Brühler Open 2025

23. März 2025

Nach langer Zeit ohne Open-Teilnahme – ein Blick in mein Fide-Profil verrät mir, dass mein letztes Turnier, ausgenommen Ligapartien, das Münsterlandopen 2023 war – hatte ich mir Anfang des Jahres vorgenommen, mich langsam wieder in die harte Welt des Turnierschachs hineinzuwagen. Zu diesem Zweck wählte ich das fünfrundige Brühler Open, das vom 14-16. Februar stattfand und von dem ich kurz berichten möchte.

Stürzen wir uns in das Schach: In der ersten Runde spielte ich mit Schwarz gegen Jürgen Neubauer Caro-Kann und konnte meinem Gegner, der seinen schwarzfeldrigen Läufer auf Abwege brachte, noch vor dem 20. Zug das Läuferpaar abknöpfen und in der Folge die schwarzen Felder dominieren. Es entstand nicht viel später ein völlig gewonnenes Endspiel, was meinen Gegner aber nicht davon abhielt, noch relativ lange weiterzuspielen. Irgendwann, nach vollbrachter Königswanderung nach a2, stand dann aber der erste „Pflichtsieg“ zu Buche.

In der zweiten Runde bereitete ich eine kleine Variante gegen den Königsinder meines jungen Gegners Ethan Chua aus den Niederlanden vor. Dieser behandelte sie zunächst einwandfrei, erlaubte mir dann aber, im 15. Zug durch eine Serie von Tauschen (oder Täuschen? Ich bin mir immer wieder unsicher, was der Plural von „Tausch“ ist, und inzwischen glaube ich, dass die Recherche nichts bringt, weil ich es so oder so irgendwann wieder durcheinander bringen würde) einen schwachen Bauern auf f5 herauszukristallisieren, den ich dann durch logische, aktive Züge angreifen konnte. Der Rest war hübsch, aber kein Hexenwerk, und am Ende wurde die Partie durch eine nette kleine Taktik zu meinen Gunsten entschieden.

Die dritte Runde gegen FM Carlo Pauly war eine der glücklichsten für mich, an die ich mich erinnern kann in meiner „Karriere“. Nachdem ich die Eröffnung gründlich misshandelte, stand ich lange auf Verlust und fand mich dann irgendwann in einem verlorenen Doppelturmendspiel mit zwei Minusbauern wieder. Mir war klar, dass ich die Partie in >90% der Fälle verlieren sollte, aber solange Hoffnung besteht – die ja bekanntermaßen als letztes stirbt –, sollte man versuchen, einen klaren Kopf bewahren und es dem Gegner so schwierig machen wie möglich. Dazu zählt m.M.n. auch ruhige, selbstbewusste Körpersprache. Als einigermaßen zäher Spieler habe ich genau das gemacht, und so wurde die 1-0-Evaluation irgendwann tatsächlich zum 0.5-0.5. Wie es immer so ist, weiß man das am Brett natürlich nicht unbedingt, aber zum Glück ist das mehr oder weniger irrelevant, solange man die besten bzw. ausreichend gute Züge macht. Und so konnte ich das Remis langsam aber sicher in den sicheren Hafen fahren. Das alleine wäre nicht genug für den Titel „glücklichste Partie […]“, und so stellte mein Gegner, nachdem er, vielleicht nicht wahrhaben wollend, dass die Partie Remis enden würde, fast übermäßig lange auf Gewinn spielte, in dem Versuch, meinen König in der Vertikalen abzuschneiden, seinen Turm zweizügig ein. Über eine solche Partie kann man sich besonders freuen oder auch nicht: Ich schwankte selbst danach zwischen Erleichterung, Scham, Dankbarkeit und Mitleid. Jedenfalls standen 3/3 zu Buche und ich konnte das Turnier mit besten Chancen auf ein gutes Gesamtresultat fortsetzen.

Am letzen Tag spielte ich morgens gegen einen im Nachhinein betrachtet deutlich unterbewerteten FM Luca Englert, der mich mit seinem Damengambit Abtausch mit den schwarzen Steinen zu überspielen begann und wohl tatsächlich einen Zug lang auf Gewinn stand. Zum Glück konnte ich mich kurz vor der Zeitkontrolle in ein ausgeglichenes Endspiel retten, das ich nicht mehr anbrennen ließ. 3,5/4.

In der letzten Runde wurde ich mit Schwarz gegen den Erstgesetzten und zu dem Zeitpunkt einzigen 100%-er gepaart, nämlich IM Ruben-Gideon Köllner, gegen den ich schon einige Mal gespielt habe und der inzwischen an der 2500er Elomarke kratzt. Meine Vorbereitung auf sein relativ enges Repertoire funktionierte besser als erhofft und ich erreichte eine typische Stellung mit Spiel auf zwei Ergebnisse. Das Remis war aber, wie so oft der Fall, das deutlich wahrscheinlichere Ergebnis, und so endete die Partie, in der mein Gegner die etwas schlechtere Stellung solide verwaltete und ich es wohl nicht vermochte, in Carlsen-Manier zusätzliche Probleme zu schaffen, in einer Punkteteilung.

Damit stand ein vernünftiges Turnierergebnis von 4/5 zu Buche, und insgesamt kein schlechtes, wenn auch alles andere als konstant gutes Schach. Zusammengefasst: Die ersten beiden Runden waren souverän, die dritte zwar gewissermaßen desaströs, aber immerhin musste ich den zähen Verteidiger in mir zutage treten lassen, die vierte endete nach hartem Kampf gegen einen ebenbürtigen Gegner Remis, und die letzte war grundsolide. Zusammen mit einem Sieg in der Oberliga bin ich mit dem Turnier zurück auf meine Rekordelo gesprungen, und meine DWZ ist durch die dankenswerte 300-Punkte-Leistungs-Regelung auf neue Höhen geschossen. Dazu ein nettes Taschengeld für einen dritten Platz nach den Siegern Ruben-Gideon Köllner und Luca Englert, die jeweils 4.5/5 Punkte holten. Ich kann bzw. sollte mich also nicht beklagen.

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass mein Schüler Arndt in der B-Gruppe mitspielte und ebenfalls 4/5 holte. Damit hat er die 1800 Elo geknackt, was sehr stark ist, wenn man bedenkt, dass er als Erwachsener im Berufsleben im Jahr 2023 bei einer Startelo von 1400 stand.

Das Turnier war gut organisiert, und meine ursprüngliche, durch Fotos vom letzten Jahr entstandene Befürchtung, dass ausschließlich mit Klappbrettern und Plastikfiguren gespielt werden würde (anstatt des üblichen „wertigen“ Materials an den ersten x Brettern), stellte sich als falsch heraus. In den ersten zwei Runden war es platztechnisch noch sehr eng – was für mich als Linkshänder besonders unpraktisch ist und mich immer an meine Zeit im Schulorchester erinnert, zu der ich mit meinem Linkshändercello stets „gegen den Strich“ spielte, was bei wenig Platz mitunter Gefahr für die Instrumente oder Augen meiner Mitcellisten bedeutete – aber ab der dritten Runde wurde der Saal umorganisiert, sodass zumindest an den ersten Brettern viel Platz und damit exzellente Spielbedingungen gegeben waren. Abschließend der Link zur Turnierwebsite – https://www.bsk1920.de/pages/turniere/3-internationales-bruehler.php — und zur Endtabelle auf chess-results: https://chess-results.com/tnr1103808.aspx?lan=0&art=1&fed=GER

(Jakob Pfreundt)